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Dem Gedächtnis der Männer des Schlachtschiffes „Bismarck“ und des Flottenchefs, Admiral Günther Lütjens


This article was originally published in the 1942 edition of "Nauticus" (Yearbook for Germany's maritime interests). Its publication having been previously sanctioned by Hitler in September 1941.

I.
Bei Beginn des gegenwärtigen Krieges nahm die englische Seekriegsleitung den Schutz des Überseehandels an dem Punkte auf, wo sie ihn bei Beendigung des Weltkrieges verlassen hatte. Das heißt, sie stellte damals die Handelsschiffe in den Heimathäfen zu Geleitzügen zusammen, ließ sie durch Zerstörer und andere leichteStreitkräfte durch die besonders U-Boot-gefährdeten küstennahen Gewässer etwa 2-300 sm weit geleiten und schickte sie von da aus allein auf die Reise. In entsprechender Weise nahmen die Geleitstreitkräfte die heimkehrenden Geleitzüge in 2-300 sm vor den heimischen Häfen auf und boten ihnen im Küstenvorfeld rings um das Vereinigte Königreich ihren Schutz. Auf der hohen See überließ man die Handelsschiffe sich selbst. Das Risiko, daß in der Weite des Atlantik dieses und jenes Handelsschiff den dort operierenden U-Booten und Hilfskreuzern wie „Möwe“ und „Wolf“ zum Opfer fiel, mußte getragen werden.

Die deutsche Flotte konnte nach dem Verlust des Kreuzergeschwaders und der anderen Auslandskreuzer gegen die englischen Handelsstraßen auf hoher See mit Überwasserstreitkräften nicht wirksam auftreten; der durch die Kohlenfeuerung bedingte geringe Aktionsradius beschränkte die Tätigkeit der Schiffe im wesentlichen auf die Nordsee und den südlichen Teil des Nordmeers, die Abriegelung dieser Gewässer in der Shetland-Norwegen-Sperre durch die englische Flotte in Anlehnung an die norwegische Küste machte jeden Ausbruchsversuch zu einem höchst gewagten Unternehmen, und selbst wenn ein solches gelungen wäre, hätte das Fehlen jeglicher überseeischer Stützpunkte jede weiträumige Operation bald zum Erliegen gebracht. So konnte die gesamte Home Fleet in dem sicheren Stützpunkt Scapa Flow zusammengehalten werden als Schutz der Insel gegen eine Bedrohung durch die deutsche Hochseeflotte.

Demgegenüber lagen die Verhältnisse bei dem gegenwärtigen Kriege von Grund auf anders: Ölfeuerung und Motorantrieb hatten den Schiffen eine früher ungekannte Beweglichkeit verliehen und sie in weitem Maße von heimischen oder überseeischen Stützpunkten unabhängig gemacht, ein Vorteil, den die deutsche Marineleitung vorausschauend und weitblickend in ihrer Schiffbaupolitik verwertet hatte. Hinzu kam im Laufe des Krieges als selbstgeschaffener Vorteil die Aufrollung der Shetland-Norwegen-Enge, die England ohne Stütze an der norwegischen Küste nicht mehr aufrechterhalten konnte, und die Inbesitznahme der französischen Atlantikhäfen, beides Mittel und Wege zum Eintritt in das freie Weltmeer.

Diese gegenüber dem Weltkrieg sehr viel größere Betätigungsmöglichkeit für schwere Schiffe nutzte die deutsche Seekriegsleitung aus, um nun auch die lebenswichtige Zufuhr zur englischen Insel auf hoher See mit Überwasserstreitkräften zu stören und zu schädigen. In wochen oft monatelanger Kreuzfahrt wurden Schwere Kreuzer und Schlachtschiffe in den Atlantischen Ozean entsandt und hielten neben den in allen Ozeanen wirkenden Hilfskreuzern unter den englischen Geleitzügen reiche Beute. Im Februar/März 1941 versenkte Admiral Lütjens mit den Schlachtschiffen „Gneisenau“ und „Scharnhorst“ bei einer weitausholenden Operation im Atlantik aus feindlichen Geleitzügen heraus 22 englische Handelsdampfer.

Dieser neuen Strategie des Handelskrieges zur See konnte England nicht anders begegnen, als daß es eine Heimatflotte bis auf eine kleine in Scapa Flow oder in den schottischen Westküstenhäfen liegende Beobachtungsgruppe auflöste und die Geleitzüge durch Schlachtschiffe und Kreuzer über die gesamte Weite des Atlantik bis zur amerikanischen Küste und hinunter bis Kapstadt geleiten ließ. In diesen Mann und Schiff strapazierenden Dauerschutz wurden selbst die schwersten Einheiten wie „Rodney“ und „Nelson“ mit ihren 35 000 t eingesetzt. Immerhin konnte selbst das seegewaltige England bei der beschränkten Zahl seiner Schlachtschiffe (15 bei Kriegsbeginn) und seinen sonstigen Aufgaben in der Heimat und im Mittelmeer jedem großen Geleitzug im allgemeinen nur ein Schlachtschiff als Schutz mitgeben.

Aus dieser Lage heraus entstand bei der deutschen Seekriegsleitung der Plan zu der Unternehmung der Gruppe „Bismarck“ - „Prinz Eugen“. Mit der Indienststellung der „Bismarck“ war Deutschland in den Besitz einer Einheit gelangt, die den stärksten feindlichen Schiffen zum mindsten ebenbürtig, wenn nicht überlegen war. Ein Vorstoß gegen die englischen Handelszüge im Atlantik bot demnach, selbst wenn diese von einem Schlachtschiff begleitet waren, gute Aussichten auf Erfolg. Der leitende Gedanke dabei war nicht die Niederkämpfung der feindlichen Flottenkräfte, sondern der Kampf gegen den gegnerischen Handel und die Zufuhr zur See, wie sich allgemein nach dem Weltkriege die Seestrategie immer weiter von dem Flottenkampf ab- und dem Handelskriege zugewandt hat.

In der Nacht von 21. zum 22. Mai lief der Flottenchef, Admiral Lutjens, der seine Flage auf dem Schlachtschiff „Bismarck“ (Kapitän z. S. Lindemann) gesetzt hatte, mit diesem und dem „Prinz Eugen“ (Kapitän z. S. Brinkmann) aus dem HjelteFjord bei Bergen aus. Für den Durchbruch zum Atlantik standen ihm zwei Wege zur Verfügung, der kürzere, aber voraussichtlich stärkerbewachte zwischen der Faroer-Inseln und Island hindurch und der weitere durch die Dänemarkstraße zwischen Island und Grönland, der aber den Vorteil hatte, daß der Durchbruch leichter unbemerkt vom Feinde erfolgen konnte. Im Frühjahr herrscht in der Dänemarkstraße an der Treibeisgrenze Nebel und schlechte Sicht vor. Die Vorbedingungen für die Aufklärung, namentlich für eine solche aus der Luft, sind hier schlecht. Aus diesen Grunde wählte der Flottenchef den Weg durch die Dänemarkstraße. Die vorgefundenen Wetterverhältnisse gaben den Überlegungen recht; bedeckter Himmel, Schnee, Regen und Unsichtigkeit ließen zeitweise vom Flaggschiff kaum den begleitenden Kreuzer erkennen, wenn sie natürlich auch die deutscheLuftaufklärung behinderten. So vergeht der 23. Mai. Das unbemerkte Passieren der Enge scheint zu gelingen, als abends um 20.15 Uhr - in diesen hohen Breiten also noch bei vollem Tageslicht - das Wetter vorübergehend aufklart und ein englischer Kreuzer, die „Norfolk“, Flaggschiff des Admirals Wake Walker, den deutschen Verband etwa 50 sm in West von Kap Nord auf Island sichtet. Nach Hinzutritt der „Suffolk“ halten beide Schiffe, die nach Churchills Erklärung im Unterhaus auf die Flugzeugmeldung vom Auslaufen der deutschen Kampfgruppe aus den norwegischen Gewässern zur Bewachung der Dänemarkstraße befohlen waren, während der hellen Nacht weiterhin Fühlung und führen am Morgen des 24. Mai gegen 6.00 Uhr die Kampfgruppe des Vizeadmirals Holland mit „Hood“ als Flaggschiff und dem neuen Schlachtschiff „Prinz of Wales“ heran. Diese Gruppe hatte auf die oben erwähnt Flugzeugmeldung eine Wartestellung südlich Island bezogen, um für jeden der für einen Durchbruch in Frage kommenden Wege - Dänemarkstraße oder Island - Faroer-Passage - bereitzustehen. Auf die Fühlunghaltersignale der „Norfolk“-Gruppe war Admiral Holland mit seinen beiden Schiffen in hoher Fahrt nach Norden gelaufen und bekam gegen 6.00 Uhr etwa 270 sm in WzS von Reykjanes die deutsche Kampfgruppe in Sicht. In dem sich entwickelnden Gefecht auf Entfernungen von 208-186 hm liegt das vereinigte Feuer der beiden deutschen Schiffe schon in den ersten Salven schwer auf der „Hood“. Granaten des „Prinz Eugen“ richten am Oberdeck des englischen Schlachtkreuzers Verwüstungen an und setzen die Flugzeughalle in Brand. Fünf Minuten nach Gefechtsbeginn durchschlägt eine Panzersprenggranate der „Bismarck“ den Seitenpanzer der „Hood“, explodiert in der achteren Munitionskammer und reißt dadurch das 42 000 t-Schlachtschiff - das größte Kriegsschiff der Welt - auseinander. Seine Besatzung von 1341 Mann bis auf 3 Mann geht mit in die Tiefe. Dasselbe Schicksal, das in der Skagerrakschlacht die englischen Schlachtkreuzer „Indefatigable“, „Queen Mary“ und „Invencible“ und bei Coronel das britische Flaggschiff „Good Hope“ erilt hatte, - Entzündung der eigenen Munition im Schiffsinnern durch einen panzerdurchschlagenden Treffer - traf auch die „Hood“, obwohl sie nach den Erfahrungen des Weltkrieges weitgehend umkonstruiert und ihre Munitionsstauung geändert worden war.

Nach dem Untergang der Hood vereinigten „Bismarck“ und „Prinz Eugen“ ihr Feuer auf „Prince of Wales“, der dann unter dem Eindruck des Verlustes seines Flaggschiffs und der erhaltenen Treffer abdrehte und in einer künstlichen schwarzen Qualmwolke aus Sicht kam. Welcher Art die Treffer waren, ließ sich bei der großen Entfernung - das Gefecht spielte sich auf rund 200 hm Abstand ab - und der Verqualmung nicht beobachten, von englischer Seite wird behauptet, daß es dem Schlachtschiff gelungen sei, in der Nacht zum 24. seine Beschädigungen so weit auszubessern, daß es an der Action gegen „Bismarck“ wieder teilnehmen konnte, die Personalverluste seien 13 Tote, darunter 2 Offiziere, und 9 Verwundete, darunter 2 Offiziere, gewesen. Der Munitionsverbrauch der „Bismarck“ gegen beide Schiffe betrug nur 93 Schuß der schweren Artillerie.

Während „Prinz Eugen“ in diesem Kampf keine Treffer erhält, wird „Bismarck“ von zwei 35,6 cm-Granaten des „Prinz of Wales“ getroffen, durch die eine in der Mitte des Schiffes, durch die andere im Vorschiff, dieser letztere Treffer erwies sich im Laufe der Unternehmung als der folgenschwere, er setzte die Geschwindigkeit des Schiffes und 2 sm herab; aus den angeschlagenen Ölzellen ging so viel Brennstoff verloren, daß der Flottenchef später in der Freiheit seines Entschlusses über die Wahl des Kurses eingeengt wurde. Außerdem bildete das entweichende Öl im Kielwasser der „Bismarck“ eine weithin sichtbare Spur, die , wie wir aus englischen Quellen wissen, den fühlunghaltenden Schiffen und namentlich den Flugzeugen das Fühlunghalten und besonders das Wiedergewinnen der verlorenen Fühlung erleichterte.

Durch den Verlust der Kriegstagebücher auf der „Bismarck“ sind uns die Überlegungen, die zu den folgenden Entschlüssen des Flottenchefs führten, nicht bekannt. Auf alle Fälle waren nach seiner Beurteilung der Lage die Beschädigungen seines Flaggschiffes nicht derart, daß sie ihn nach dem siegreichen Gefecht gegen die „Hood“-Kampfgruppe hätten veranlassen können, von seiner Hauptaufgabe abzuweichen, und das war die Vernichtung feindlicher Geleitzüge. Die Geschwindigkeit der „Bismarck“ war zwar durch den Treffer im Vorschiff etwas herabgesetzt, reichte aber für die gestellte Aufgabe und die zu erwartenden Gegner noch vollkommen, alle Waffen waren unverletzt und hatten durch den unerwartet schnellen Erfolg gegen die Hood das Vertrauen der Führung und der Besatzung in ihr Schiff noch weiter gestärkt, ein Vertrauen, dessen Berechtigung noch durch das Verhalten des „Prince of Wales“ bestätigt wurde.

So setzte Admiral Lütjens mit seiner Kampfgruppe in hoher Fahrt den Kurs aus der Dänemarkstraße in den freien Ozean fort, denn das Absetzen in die Weite des Ozeans bietet die beste Möglichkeit, die weiteren Operationen, vom Gegner unbemerkt, anzusetzen.

Auf englischer Seite hatte der Ausgang des Seegefechtes unter Island verständlicherweise tiefe Niedergeschlagenheit hervorgerufen. Der Verlust der „Hood“, dieses größten und schnellsten Kriegsschiffes der Welt, das jedem Engländer als Symbol britischer Seegewalt bekannt war, unter Umständen und durch Mängel, die schon vor 25 Jahren der britischen Flotte verhängnisvoll gewesen waren, lösten in Parlament und Presse scharfe Worte gegen die verantwortlichen Stellen aus. Die Admiralität setzte daher alles daran, diese Scharte auszuwetzen und die „Bismarck“ Gruppe zur Strecke zu bringen. Der Rest der Home Fleet unter Admiral John C. Tovey auf dem neuen Schlachtschiff „King George V“ mit dem neuesten Flugzeugträger „Victorious“ (23 000 t), mit 40-45 Flugzeugen an Bord, war von Scapa Flow ausgelaufen, die in Gibraltar stationierte Kampfgruppe unter Vizeadmiral Sir James F. Sommerville mit dem Schlachtkreuzer „Renown“ als Flaggschiff, dem Kreuzer „Sheffield“ und dem Flugzeugträger „Ark Royal“ stieß mit höchster Fahrt vom Mittelmeer nach Nordwesten vor, und schließlich wurden die im nordatlantischen Geleitdienst auf der kanadischen Route Dienst tuenden Schlachtschiffe „Rodney“ und „Ramillies“ von ihren Geleitzügen abgezogen und auf die „Bismarck“-Gruppe angesetzt.

Die Schweren Kreuzer „Norfolk“ und „Suffolk“, die schon seit dem Abend des 23. 5. Fühlung an dem deutschen Verband gehalten hatten, setzten diese auch nach dem Gefecht fort; bei der respektvollen Entfernung, in der sie sich an der Grenze der Sichtweite hielten, gelang es nicht, sie abzuschütteln. Am Abend des 24. stößt auch „Prince of Wales“ wieder zu den beiden Kreuzern und verstärkt den fühlunghaltenden Gürtel.

Inzwischen hat sich auf „Bismarck“ bei den Leckdichtungsarbeiten im Vorschiff herausgestellt, daß eine dauerhafte Abdichtung sich in Fahrt nicht durchführen läßt, außerdem verbietet die durch den Ölverlust entstandene Anspannung der Brennstofflage eine weitausholende Operation. Der Flottenchef entschließt sich daher „Prinz Eugen“ zur selbständigen Führung des Kreuzerkrieges im Atlantik zu entlassen, selbst aber mit dem Flaggschiff einen Hafen der französischen Atlantikküste anzusteuern. Die Loslösung des Kreuzers, unbemerkt vom Feinde, gelingt abends gegen 18.00 Uhr, „Bismarck“ steuert dazu vorübergehend Westkurs und drängt den zunächst stehenden feindlichen Fühlunghalter ab, während „Prinz Eugen“ in einer Regenbö aus Sicht läuft. Gegen 17.00 Uhr findet zwischen „Bismarck“ und „Prince of Wales“ ein kurzer Schußwechsel statt, der auf beiden Seiten ohne Ergebnis bleibt.

Die „Victorious“, Englands neuester Flugzeugträger, die mit dem Flaggschiff der Home Fleet am 23. 5. aus ihrem nordenglischen Stützpunkt ausgelaufen war, war inzwischen durch die Fühlunghaltersignale so weit herangeführt worden, daß sie ihre Flugzeuge gegen „Bismarck“ starten konnte. Nach langem Anflug erreichte kurz vor Mitternacht die erste von 3 Staffeln Torpedoflugzeugen das Schiff und warf trotz scharfer Abwehr auf kurzem Abstand und bei geringer Flughöhe (30 m) ihre Torpedoes ab. Einen Erfolg hatte diese Staffel nicht. Der zweiten gelang ein Treffer gegen die Steuerbordseite der „Bismarck“, dessen Auswirkung auf das Schiff aber nach Funkspruch des Flottenchefs belanglos war. Die hochgeschleuderte Wassersäule warf den Oberbootsmann Kirchberg so heftig gegen die Flugzeughalle, daß er starb. Der erste Gefallene der „Bismarck“. Insgesamt sollen 27 Flugzeuge bei diesem Angriff 18 Torpedos abgeworfen haben. 5 Flugzeuge wurden von der Artillerie der „Bismarck“ abgeschossen, zahlreiche andere beschädigt. Bei der herrschenden unsichtigen Wetterlage ist als sicher anzunehmen, daß ein großer Teil der übrigen Flugzeuge die „Victorious“ nicht wieder erreicht hat.

Am Vormittag des 25. 5. geht die Fühlung, die bisher von „Norfolk“, „Suffolk“ und nach Ablösung der beschädigten „Prince of Wales“ wahrscheinlich von „King George V“ an der „Bismarck“ gehalten worden war, verloren und kann auch während des ganzen Tages und der folgenden Nacht nicht wieder gewonnen werden.

Ein Sonntag ist der 25. Mai. Es ist der Geburtstag des Flottenchefs. Er spricht zu den Männern seines Flaggschiffes. Der Wortlaut der Ansprache ist einem später Geretteten nicht im Gedächtnis geblieben. Aber eine feierliche Stimmung habe nach ihr an Bord geherrscht, berichtet er. Von ihr erfüllt, geht die „Bismarck“-Besatzung ihrem letzten Kampf entgegen.

Am 26. 5. um 10.30 Uhr gelingt es einem Flugzeug des Küstenkommandos, einem Flugboot vom amerikanischen Catalina-Typ, aus den tiefstehenden Wolken herausstoßend, etwa 550 sm westlich Landsend die „Bismarck“ wiederzufinden, es muß abe unter der Wirkung des Flakbeschusses wieder in die Wolken gehen und die Fühlung aufgeben. Seine Sichtmeldung hat aber genügt, um nun den von Gibraltar heranschließenden Flugzeugträger „Ark Royal“ seine Aufklärungsflugzeuge auf die „Bismarck“ ansetzen zu lassen; außerhalb der Flakreichweite des Schiffes halten sie mit wiederholter Ablösung den Tag über Fühlung.

Nachdem so der Standort der „Bismarck“ der englischen Admiralität bekannt geworden war und sie aus dem Kurse mit Sicherheit schließen konnte, daß das deutsche Schiff einen der französischen Atlantikhäfen ansteuerte, mußte ihr alles daran gelegen sein, das Schiff zu stellen, ehe es in den Schutzbereich der deutschen Luftwaffe von der französischen Küste her gelangen konnte. Noch lagen, als das Catalina-Flugzeug die „Bismarck“ zum erstenmal wieder sichtete, 600 sm, also reichlich 1100 km zwischen ihr und der Küste; von Schlachtschiffen, um ihr den Weg zu verlegen, stand aber nur der Schlachtkreuzer „Renown“ vom Gibraltar-Geschwader in erreichbarer Nähe, ihn allein durfte nach den Erfahrungen mit der „Hood“ die Admiralität nicht gegen das deutsche Schlachtschiff einsetzen. „King George V“ im Norden, „Prince of Wales“ im Nordwesten, die langsame „Rodney“ im Westen und „Ramillies“ noch weiter im Atlantik standen in achterlicher Position. Die Fühlung, die nur aus der Luft aufrechterhalten wurde, lief Gefahr, bei dem aufkommenden Schlechtwetter und in der Dunkelheit abzureißen, am nächsten Morgen aber konnte die „Bismarck“ im Luftschutz der französischen Atlantikküste stehen. In dieser Lage setzt der Admiral Sommerville seine Torpedowaffe voll ein. Am Nachmittag läßt er von der „Ark Royal“ die erste Gruppe von Torpedoflugzeugen starten, die aber an der „Bismarck“ vorbeistößt. Daraufhin schickt er den Kreuzer „Sheffield“ vor, um die Fühlung aufzunehmen und den Flugzeugen als Ansteuerungsmarke zu dienen. „Sheffield“ bekommt um 17.30 Uhr (englische Zeitangabe) die „Bismarck“ in Sicht, muß sich aber auf die schweren Salven hinter einer künstlichen Nebelwand mit Höchstfahrt zurückziehen. Auf ihre Standortmeldung startet auf „Ark Royal“ die zweite Gruppe und erzielt im Sturzflug aus den Wolken angreifend zwischen 20.50 und 21.15 Uhr (deutsche Zeitangabe), nachdem 7 Flugzeuge durch „Bismarck“ abgeschossen sind, zwei Treffer, den einen mittschiffs, den zweiten achtern in die Ruderanlage, die Achillesferse jedes Schiffes; dieser besiegelt das Schicksal des Schiffes. „Bismarck“ ist manövrierunfähig geworden. Bei dem bis zu Sturmstärke auffrischenden Winde und dem Schweren Seegang ist es unmöglich, das Schiff mit den Schrauben, die unverletzt geblieben sind, auf Kurs zu halten, es beschreibt willkürliche Kreise. Alle Versuche, die Ruderanlage wieder in ordnung zu bringen, bleiben ergebnislos.

Rings umstellt von einer überwältigenden Zahl von Feinden, aber noch im ungeschmälerten Besitz seiner kampferprobten Waffen meldet der Flottenchef dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine:

und dem Führer und Obersten Befehlshaber:

Der Führer antwortete an den Flottenchef:

und an die Besatzung:

Der Flottenchef vergißt auch nicht, die durch die Versenkung der „Hood“ gekrönte artilleristische Leistung seines Flaggschiffes zu würdigen, indem er funkentelegrafisch für den I. Artillerieoffizier, Korv.-Kapt. Schneider, das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes beantragt und erhält.

Inzwischen waren von deutscher Seite bereits umfangreiche Operationen, u. a. von Unterseebooten und Flugzeugen, eingeleitet worden, um „Bismarck“ zu unterstützen. Angesichts der Ausdehnung der Räume und der zunehmend sich verschlechternden Wetterlage ist ihnen aber leider ein Erfolg versagt geblieben.

Die Einzelheiten des Endkampfes der „Bismarck“ werden erst nach Rückkehr der Überlebenden aus der englischen Kriegsgefangenschaft und nach Eröffnung jetzt noch verschlossener Quellen bekannt werden. Die folgende Darstellung beruht im wesentlichen auf den Veröffentlichungen der englischen Admiralität und den in der Presse erschienenen Aussagen von Besatzungsmitgliedern der am Kampfe beteiligten Schiffe. Sie wird also später wohl noch wesentliche Ergänzungen und Änderungen erfahren. Der Feinde war die verhängnisvolle Wendung durch die Manövrierunfähigkeit der „Bismarck“ nicht verborgen geblieben. In der Dunkelheit schlossen vier Zerstörer der Tribal-Klasse, „Cossack“, „Maori“, „Sikh“ und „Zulu“, die bisher durch die schwere See aufgehalten worden waren, heran und setzten im Laufe der Nacht beim Schein von Leuchtgranaten eine Reihe von Torpedoangriffen auf die „Bismarck“ an. „Cossack“ und „Maori“ wollen je einen Treffer erzielt haben. Die Artillerie der „Bismarck“ versenkte nach Aussage Geretteter einen Zerstörer und schoß einen zweiten in Brand.

Dieser Beweis der immer noch bestehenden Abwehrbereitschaft des deutschen Schlachtschiffes ließ den englischen Flottenchef von seinem ursprünglich für Tagesanbruch geplanten Angriff mit den Schlachtschiffen absehen, um zunächst noch durch Torpedoflugzeuge eine weitere Minderung der gefährlichen Kampfkraft des Gegners zu erzielen. Erst als ein von „Ark Royal“ angesetzter Angriff einer Torpedoflugzeuggruppe sich bei dem herrschenden Wetter als ergebnislos erwiesen hatte, gingen „King George V“ und „Rodney“ zum endgültigen Angriff vor. Auf über 160 hm vereinigten sie das Feuer ihrer 35,6 und 40,5 cm-Geschütze auf den jetzt fast bewegungslos liegenden Gegner. „Bismarck“ erwiderte das Feuer anfangs mit seiner schweren und mittleren Artillerie genau und wirksam - nach englischen Angaben. Nachdem aber durch eine treffende Salve im Vorschiff die vorderen Türme und offenbar auch die Artillerieleitung ausgefallen waren, hätten die restlichen Geschütze einzeln weiter gefeuert, aber bei der nun von den Engländern angestrebten starken Entfernungsverminderung weit gelegen, bis sie zum Schweigen gebracht wurden. Auch die Schweren Kreuzer „Dorsetshire“ und „Norfolk“ beteiligten sich an diesem Artilleriekampf und wollen über 300 Treffer mit ihren 20,3 cm-Geschützen erzielt haben.

Aber immer noch war das erstrebte Ziel, die Versenkung der „Bismarck“, nicht erreicht, sie schwamm noch, und noch wehte die deutsche Kriegsflagge auf ihr. Nun schickte der Admiral Tovey die „Dorsetshire“ vor, um das zum Schweigen gebrachte Schiff zu versenken. Auf nahe Entfernung traf der Kreuzer mit zwei Torpedos die Steuerbordseite des Schlachtschiffes, ohne daß nach dem Bericht des Torpedooffiziers der „Dorsteshire“ dadurch eine sichtbare Wirkung erzielt wurde. Sie ging dann auf die andere Seite des Wracks und traf es mit einem weiteren Torpedo, der das Ende der „Bismarck“ herbeiführte. Mit einem mächtigen Überrollen nach Steuerbord richtete sich der Bug hoch auf, und um 11.01 Uhr versank das Schiff in den Wellen mit wehender Flagge.

Auch in diesem Schlußkampf erwies sich erneut, wie im Gefecht gegen „Hood“ und „Prince of Wales“, die ausgezeichnete deutsche Schießkunst. Auf „Rodney“ wurden zahlreiche schwere Treffer erzielt, die dieses Schiff zwangen, den amerikanischen Hafen Boston zur Reparatur anzulaufen. Die Beschädigungen der „Rodney“ waren so schwer, daß die Boston nur unter größten Schwierigkeiten erreichten und erst nach mehreren Monaten wiederverwendungsbereit war. Mehrere der insgesamt 17 Treffer hatten den Gürtelpanzer durchschlagen und neben Ausfällen von Gefechtswerten, u. a. auf dem vorderen schweren Turm, auch erhebliche Personalausfälle zur Folge.

85 Überlebende der „Bismarck“ nahm der englische Kreuzer „Dorsetshire“ an Bord und landete sie in einem britischen Kriegshafen; ein an seinen Wunden gestorbener Matrose wurde während der Überfahrt mit militärischen Ehren in See bestattet. Der Zerstörer „Maori“ rettete 25 Mann. Weitere Rettungsversuche wurden von englischen Schiffen nicht unternommen bzw. abgebrochen aus Furcht vor U-Bootsangriffen und Fliegern. 5 weitere Überlebende wurden noch von deutschen Kriegsschiffen geborgen.

Mit tiefer Dankbarkeit sei hier der edelmütigen Rettungsaktion der befreundeten spanischen Marine gedacht. Auf die Meldung von dem Kampf nördlich der Biskaya entsandte der spanische Staatsführer, General Franco, den Kreuzer „Canarias“ in diese Gewässer zur Suche nach Überlebenden. Wenn dem Schiff bei schwerem Wetter und hoher See trotz zäher, ausdauernder Bemühungen ein Erfolg nicht beschieden war, so mindert das nicht das dankbare Gefühl des deutschen Volkes für diese ritterliche Tat.


Schlachtschiff Bismarck
Schlachtschiff „Bismarck“.

Prinz Eugen
Schwerer Kreuzer „Prinz Eugen“.

hms hood
Schlachtkreuzer „Hood“.


II.
Der Name des gefallenen Flottenchefs, Admiral Günther Lütjens, ist bereits ruhmvoll verzeichnet in der Seekriegsgeschichte des Weltkrieges. Als junger Offizier führte er damals mit besonderem Erfolg von Flanderns Küste aus eine Halbflottille von A-Booten. Als schneidiger, klar abwägender und umsichtiger Torpedobootsführer hat er sich damals bewährt.

Ausgesprochene Führerstellungen als Halbflottillenchef, Flottillenchef, Kommandant eines Schulkreuzers und Führer der Torpedoboote kennzeichneten seinen Entwicklungsgang in der Nachkriegszeit. In seinen Landkommandos wirkte er vor allen in Stellungen, denen eine Betreuung und Steuerung des Offizierkorps oblag, abschließend mit der Stellung als Chef des Marineoffizierpersonalamtes, als der er sich der besonderen Vertrauens des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine erfreute.

Der jetzige Krieg brachte den Admiral Lütjens als Führer der Torpedoboote sofort in die vorderste Kampffront; dorthin gehörte er nach seiner ganzen Persönlichkeit. Mit Chefs und Kommandanten, die er in ernstem Vortrag auf seine Gedanken einzustellen mußte, trat er an der Spitze seiner Zerstörer und anschließend der Kreuzer in Tatenfreude zur Kriegsfahrt gegen Polen zunächst, dann gegen England an.

Während der Norwegen-Unternehmung im April 1940 vertrat er den erkrankten Flottenchef, Admiral Marschall. Eine große Aufgabe war ihm damit beschieden. Die Deckung der Landungsunternehmungen gegen weit überlegene feindliche Seestreitkräfte lag ihm mit den Schlachtschiffen „Gneisenau“ und „Scharnhorst“ ob. Diese Aufgabe führte ihn bis zu den Lofoten. Die Landung unserer für Nordnorwegen bestimmten Truppen wurde planmäßig durchgeführt. Troß feindlicher Fliegerangriffe und troß des Inseeseins der gesamten englischen Flotte führte er nach kurzem erfolgreichem Gefecht mit dem englischen Schlachtkreuzer „Renown“ die schweren Streitkräfte in die Operationsstützpunkte zurück. Die Seekriegsgeschichte wird zu verzeichnen haben, wie sehr dieser Erfolg der klaren Lagebeurteilung und dem festen, gleichbleibend ruhigen Handeln des Admiral Lütjens zu danken ist.

Im Juli 1940 wurde Lütjens endgültig das Kommando der Flotte übertragen. Als sein Stabschef wurde der bisherige Kommandant des Flaggschiffes „Gneisenau“, Kapitän zur See Netzbandt, kommandiert, mit dem ihn bereits jahrelange Zusammenarbeit im Personalamt vertrauensvoll verbunden hatte.

Von der Größe seiner Aufgabe war Lütjens voll erfüllt. Er war bereit, jeder an ihn gestellten Anforderung nachzukommen. Bei kühlster Abwägung aller Hemmungen, die sich aus der feindlichen Überlegenheit ergeben mußten, war er zu bedingungslosem Einsatz bereit. Ihn verlangte er auch von jedem seiner Untergebenen. In eindrucksvoller Ansprache hat er seinen Offizieren seine Einstellung eingeprägt.

Zu ausgesprochener Freudigkeit steigerte sich diese Einsatzbereitschaft seiner sonst stets beherrschten Persönlichkeit, als es unter seiner Führung im Februar/März 1941 zu der bereits erwähnten Atlantik-Unternehmung der Schlachtschiffe „Gneisenau“ und „Scharnhorst“ kam. Daß es ihm vergönnt sein sollte, deutsche Schlachtschiffe zum ersten Male aus der Enge der Küstengewässerhinaus zum Angriff gegen Englands Handel in die Weite des Atlantiks führen zu dürfen, war ihm eine besondere Genugtuung. Voll starkem Selbstvertrauen und gesunden Optimismus, klug abwägend und dann unbeirrt wagend, führte er diese Unternehmung zum vollen, stolzen Erfolg.

Neue Tatenlust und Zuversicht weckte in ihm die Kampfkraft seines neuen Flaggschiffes, des unter dem Kapitän zur See Lindemann in Dienst gestellten Schlachtschiffes „Bismarck“. Stark wirkte in Lütjens ein Besuch des Führers auf diesem Schiff, der zu einem längeren persönlichen Gespräch führte.

Im Vertrauen auf sein Können und auf sein starkes Schiff trat Lütjens an seine letzte Aufgabe heran. Bereit zu höchstem Wagen, von sich wie von seinen Männern jeden Einsatz fordernd, so machte er sich auf zur letzten Fahrt. Er hat dem Soldatentod furchtlos ins Auge geschaut und gleichen Geist in seinen Männern zu stärken gewußt.

Von den Bindungen eines ungewöhnlich glücklichen Familienlebens hatte er sich in Erkenntnis höherer Pflicht innerlich freigemacht.

In engerem Kreis hat er ausgesprochen, daß es sich wahrhaft lohne, in Erfüllung solcher Pflicht für das Vaterland zu fallen.

Im heroischer Größe zeigt ihn seine Haltung angesichts des unvermeidbar gewordenen Unterganges der „Bismarck“.

Günther Lütjens
Der Flottenchef Admiral Lütjens; gefallen auf dem Atlantik am 27. Mai 1941.


III.
In alle Zukunft wird der Bericht von Sieg und Untergang des Schlachtschiffes „Bismarck“ deutsche Herzen auf das tiefste ergreifen.

Mit ehernen Lettern wird die Geschichte den Namen des Flottenchefs, des Admirals Günther Lütjens und seiner Männer verzeichnen. Wir wissen von unzähligen deutschen Heldentaten in allen Kriegen unseres Volkes. In unserer Zeit dringt die Kunde von ihnen tagaus tagein eindringlich wie nie zuvor an unser Ohr.

Hier aber hören, fast sehen wir die Männer selbst auf ihrem letzten Wege zum höchsten Opfer für Führer und Vaterland. Wir sehen den Flottenchef, wie er auf sturmbewegter See, ein drohend sich erhebendes Verhängnis vor Augen, fern der Heimat und ihrer Hilfe, kraftvoll und mitreißend zu seinen Männern spricht. In dem Wort: Wir kämpfen bis zur letzten Granate, in dem Bekenntnis zum Führer und der Gewißheit des deutschen Sieges spiegelt sich der Geist, in dem der Flottenchef und seine Männer in den Tod gehen.

Wir beklagen das Opfer, das gebracht wurde, aber wir wissen, daß mit ihm ein Mahnmal aufgerichtet ist, das in alle Zukunft die Herzen deutscher Männer stark machen wird zum letzten Einsatz für unser deutsches Vaterland.

Nauticus.


Bismarck Schmitz
„Bismarck“ und „Prinz Eugen“ im Kampf gegen die „Hood“ und den „Prince of Wales“ am 24. Mai 1941. Skizze: Lt. M. A. Schmitz.

Hood Schmitz
Der Untergang der „Hood“ („Prince of Wales“ läuft an dem sinkenden Schiff vorbei). Skizze: Lt. M. A. Schmitz.

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