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Kampfgruppe Bismarck im Gefecht

DOKUMENTE DES SEEKRIEGS
von Künstlerhand geschaffen

VON KORVETTENKAPITÄN d. R. FRITZ OTTO BUSCH

Gefechtsmast, Vormarshaube und das ganze schwere Schiff schüttern vom Abschuß der ersten Salve unserer Schweren Artillerie auf den zweiten Gegner, der dunkelgrüngrau, dichten Rauch über den Schornsteinen, orangefarbene Feuerflammen vor den Rohren seiner Vierlingstürme, weißen Schaum vor dem Bug, daherschnaubt.

„Zielwechsel liiiinks, auf zwoten Gegner!“ war befohlen, kaum daß die entscheidende Salve des hinter uns stehenden „Bismarck“ auf dem Achterschiff des „Hood“ eingehauen und zur Riesendetonation hochgeschossen war. Ich drehe das wagerechte Rad des Sehrohres nach rechts und presse die Augen fest gegen die Gummimuscheln der Optik:

„Woll'n mal schnell nach rechts gehn, Graf! Nachsehn, was aus dem ersten geworden ist! Die Flugzeit ist lang genug.“

Es ist der Morgen des 24. Mai 1941. Wir stehen in der Dänemarkstraße zwischen Grönland und Island: der Schwere Kreuzer „Prinz Eugen“ als Spitzenschiff, dahinter der „Bismarck“. An Steuerbord leuchtet die weiße Packeisgrenze, an Backbord laufen, schräg gestaffelt, zwei englische Großkampfschiffe, aus allen Rohren feuernd, d.h. das vorderste, das Flaggschiff, hat gerade, kurz nachdem die 20,3-cm-Granaten unseres Schweren Kreuzers seine Flugzeughalle in Brand setzten, eine mit ungeheuerer Wucht niedergehende 38-cm-Salve unseres Schlachtschiffs erhalten. Nun wollen wir wissen, was weiter geschah, und suchen die Kimm ab, die wie ein feiner Strich unter der graublau drohenden Wolke, die nach Island zu den Himmel verhüllt, das hellere stumpfgraue und mäßig bewegte Meer vom schweren Himmel trennt. Endlich haben wir unser Ziel. Im gleichen Augenblick, als wir sprachlos diese urgewaltige Explosion beobachten, die in Worten kaum zu beschreiben, im photographischen Bild und im Film nicht festzuhalten ist, fährt es mir durch den Kopf: Das müßte unser Maler sehen! Dies ist ein Eindruck von solcher Stärke, daß ihn nur ein Künstler aufnehmen, festhalten und aus innerstem Miterleben heraus zum bleibenden Eindruck gestalten kann.

Wir hatten diesen Maler an Bord. Er hat das Gefecht in allen seinen Phasen von der Admiralsbrücke des Schweren Kreuzers aus miterlebt und in Bildern nachempfunden, von denen einige hier wiedergegeben sind. — Marinekriegsmaler J. C. Schmitz bringt das mit, was eigentlich jeder Marinemaler haben müßte: die Begeisterung zur See, die Liebe zur Seefahrt, das Wissen um die geheimnisvolle Schnsucht zur silbernen Ferne und nicht zuletzt die genaueste Kenntnis von den Dingen der See, der Schiffahrt und vor allem von den Komplizierten, dem Laien so gänzlich unverständlichen Dingen der Kriegsmarine. Schmitz ist seit jungen Jahren zur See gefahren. Als Seekadett zunächst, dann als Weltenbummler und Künstler. Er kennt die lang dahinrollende schwere Atlantikdünung so gut wie die Sturmsee bei Kap Horn, ihm ist die blaue, seidenweiche satte Farbe des Mittelmeers so vertraut wie die grüngrauen Wogen der Nordsee, über denen der Südwest seine Hetzpeitsche schwingt. Auf den großen Seglern, die in neunzig Tagen zur Salpeterküste laufen, ist er ebenso zu Hause wie auf den Promenadendecks der großen Luxusfahrgastschiffe und den weißgescheuerten Holzplanken unserer Schlachtschiffe, den Eisenplatten unserer Zerstörer und Minensuchboote.

Wenn Schmitz in wenigen, charakteristischen Strichen die Umrisse des „Bismarck“, halb verdeckt durch den Qualm zweier rasch aufeinanderfolgenden Salven der schweren Türme aufs Papier wirft, wenn er den Krapproten Feuerstrahl der achteren Turmgruppe wiedergibt, die ihre schweren Granaten dem davoneilenden „Prince of Wales“ nachschickt, oder mit zwingender Überzeugungskraft den Bug des sinkenden „Hood“ hinter dem vorbeirauschenden „Prince of Wales“ — den wir zuerst für „King George V.“ hielten — unter der zerwehenden Detonationswolke gegen den dunklen Himmel steilen läßt, dann sitzt das eben, dann stimmt es. Dann hat auch der Fachmann nichts auszusetzen von der rightigen Erhöhung der Vierlingstürme bis zum dunkelrot glostenden Feuerbrand an Steuerbordseite des „Hood“, der von irgendwelchen über Bord gegangenen, mit Öl gesättigten Trümmerstücken des Schlachtkreuzers herrührt.

Wer diese Szene miterlebte, ist beim Anblick dieser Bilder gepackt. Genau so war es, genau so sah es aus, und das Wichtigste hat der Künstler aus Eigenstem hinzugefügt: das Dramatische, das Lebendige, Erschütternde, das uns, den Soldaten und Seeleuten beim damaligen Anblick wohl im Unterbewußtsein wach wurde, aber in der Sekundenschnelle des Abrollens der Ereignisse dem nüchternen Registrieren, der rein sachlichen Feststellung weichen mußte.

Man betrachte das Bild, das den „Bismarck“ beim Abfeuern der entscheidenden Salve schildert. Seigt nicht der grellrote Feuerschein, auf blitzend gegen den fast nachtschwarzen Osthimmel, der Wiederschein des Mündungsfeuers auf Kanten und Ecken der Aufbauten, am Schornstein, an den Masten, zeigt nicht dies vorwärtsstürmende Schlachtschiff, auf dessen Deck kein Mensch zu sehen ist, die ganze dämonische Wucht, die geballte Kraft einer gewaltigen Kriegsmaschine, der die unsichtbar bleibende Besatzung, Admiral, Kommandant, Offiziere, Feldwebel, Unteroffiziere und Matrosen, Leben, Kampftrotz und Überlegenheit gibt? Man könnte dies geradezu symbolhafte Bild „Das Schlachtschiff“ nennen und hätte ein bisher noch nie in dieser Vollendung gezeigtes Beispiel dafür, wie an Bord eines Kriegsschiffes der Einzelne nichts, die Gesamtheit von Führung und Geführten alles ist, d. h. die ineinandergreifende Kraft bedeutet, die diesen Koloß zum feuerspeienden, sieghaften Fabelwesen macht, das den in der Ferne anlaufenden Gegner zerschmettert. —

Wenn Schmitz die Menschen der Kreuzerbesatzung zeichnet, so sind das nicht Männer, die irgendwie auf der Brücke oder am Geschütz stehen. Er bringt es fertig, diese Männer stets in lebhafteste Beziehung zum an sich toten Wesen des Schiffes oder des Turmes zu stellen. Man sicht, daß diese Offiziere hinterm Brückenkleid, diese Matrosen beim Laden der Vorkartusche das Leben, die Nervenstränge bedeuten, die den gesamten komplizierten Apparat eines Großschiffes beherrsehen, leiten und zur Wirkung gegen den Feind bringen. Auch hier ist jede sachliche und fachliche Einzelheit mit untrüglichem Auge beobachtet und mit sicherer Hand, oft nur mit sparsamsten Strichen und trotzdem eindrucksvoll und haftenbleibend dargestellt. So die Fliegerbrille in der Jaketttasche und die schnell in den Ausschnitt gesteckten Handschuhe des Kommandanten, der Leinenriemen des Schwimmwestenbeutels des Artillerieoffiziers, der wachsame Blick der Verschlußnummer am Geschütz, die Sprachrohre, Hebel und Handgriffe im sinnverwirrenden Vielerlei des 20,3-cm-Turms. —

Man muß wissen, wie die Bedingungen an Bord sind, unter denen ein Künstler zu arbeiten hat. Er darf im Gedränge auf der Brücke niemals im Wege stehen, muß mit wenigen Strichen rasch aufs Papier werfen, was ihm wesentlich und charakteristisch ercheint, während die Hand das Papier, das der Fahrtwind zu entreißen droht, festklammert. Er muß blitzschnell die dauernd wechselnden Farbtöne von Himmel und See, die Bewegung der Wogen, Form und Stärke der Bugsee, davonwirbelnde Rauchschwaden, kurz, alles das nicht nur sehen, sondern auch im Kopf behalten, was später dem Beschauer diesen unerhörten Eindruck des Bewegten, Wechselvollen und Vielfarbigen übermittelt, das den eigentlichen Reiz der See ausmacht.

Ich habe den Künstler mehrfach bei seiner Arbeit in der kleinen und schmalen Kammer hinter der Offiziersmesse des Kreuzers beobachtet. Ich habe gesehen, mit welcher Gewissenhaftigkeit er zwei, drei und vier Skizzen eines einzigen Vorgangs verglich und auswertete. Ich sah beispielsweise, wie genau er die am taghellen Abend vor dem eigentlichen Gefecht von „Bismarck“ gegen den im Dunst fast verborgenen Fühlungshalter „Norfolk“ gefeuerten Salven zeichnete. Ich sah die Notizen für die Farbtöne, beobachtete, wie der Künstler mit dünnem Pinsel den hellroten Widersehein des Feuers aus den Rohrmündungen auftrug und verfolgte, wie er die lange, sanft schwellende Dünung mit zwei, drei Bleistiftstrichen so andeutete, daß jeder Fachmann sofort Windrichtung und Stärke dem Blatt hätte entnehmen können.

Man muß sich einmal vorstellen, was es heißt, auf zugiger Brücke zu stehen, nehen einem feuernden Geschütz der schweren Doppelflak auszuharren, von Nock zu Nock stürzend, fast umgerissen vom Luftdruck der feuernden eigenen Türme den Zeichenblock festzuhalten, schnell durchs große Doppelglas zu schauen, die Beute einheimsend, die später in der Kammer bei rollendem Schiff und im Lärm des Kriegsmarsches, oft unterbrochen durch Fliegeralarm und Geschützfeuer, in sorgfältiger, vergleichender Arbeit zu Farbskizzen umgearbeitet und ausgewertet werden muß.

Der Marinemaler ist neben dem allem Soldat. Er setzt, genau wie der Kamerad auf der Brücke, am Geschütz, vor den Feuern, im Turbinenraum oder leichten Flageschütz sein Leben bedingungslos ein; er ist dem Splitterregen feindlicher Grananten genau so ausgesetzt wie jener, will er wirklich Wertvolles aus dem Donner eines Artillerieduells schwerster Seestreitkräfte herausholen. Dafür vereint aber auch ein echter Künstler wie Schmitz in seinem Skizzen und Gemälden in bezwingender Form das Soldatische, Harte und Einsatzbereite mit dem Künstlerischen und schafft so Bilder, wie sie für die Taten der Kampfgruppe „Bismarck“ einmalig sind.

Bismarck Gefechtsskizze

UNSERE UNTERNEHMUNG

Die Erfolge, die der allein operierende Schwere Kreuzer „Admiral Hipper“ und die Jahreswende 1940/41 und wenig später die gemeinsam unter der Führung des Flottenchefs, Admiral Lütjens, fahrenden Schlachtschiffe „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ im Frühjahr 1941 erzielt hatten, bestärkten die Seekriegsleitung in dem Entschluß, auch im Sommer 1941 schwere Seetreitkräfte in den Atlantik zu entsenden. Damit sollte neben dem unmittelbaren Erfolg, der mit der Vernichtung feindlichen Handelsschiffsraumes erwartet wurde, auch ein mittelbarer Zweck verfolgt werden: die Bindung schwerer britischer Seestreitkräfte zur Entlastung der Fronten im Mittelmeer, im mittleren und südlichen Atlantik und im Indischen Ozean.

Zur Durchführung dieser Aufgabe wurden die beiden neuesten Schiffe, die ihre Ausbildung abgeschlossen hatten, bestimmt. Seit Monaten schon hatte sich das Zweigespann „Bismarck“—„Prinz Eugen“ in gemeinsamen Übungen zusammengefunden, als am Sonntag, dem 18. Mai 1941, der Flottenchef zu uns an Bord kam und die Front der Divisionen abschritt (Bild 1). Lange sehen wir noch der schlanken Gestalt nach und denken an die energiestrahlenden Augen, mit der uns unser oberster Führer zur See gemustert hatte, so, als ob er jeden von uns fragen wollte: Bist du bereit?

Gleich darauf liefen wir aus Gotenhafen aus (Bild 2). An der Pier lag unser Gefährte, für den sich an Bord bereits damals der Name „unser großer Bruder“ eingebürgert hatte. In seinem Schutz fühlten wir uns geborgen. Angeblich waren wir zu Übungen ausgelaufen. Doch etwas Unbestimmbares lag in der Luft.

Flottenchef Admiral Lütjens Prinz Eugen
BILD 1. Abschreiten der Front durch den Flottenchef, Admiral Lütjens, begleitet vom Kommandanten, Kapitän zur See Brinkmann, und vom Ersten Offizier, Fregattenkapitän Stooß. Kapitänleutnant (Ing.) Dabls zeigt seine 7. (techn.) Division.

Bismarck Gotenhafen
BILD 2. Auslaufen aus Gotenhafen. Links die Steuerbord-Brückennock des „Prinz Eugen“, rechts im Hintergrund das Flaggschiff (Tarnanstrich wurde während der Unternehmung übermalt).


Als nun am nächsten Mittag der Kommandant bei „Alle Mann achteraus“ bekannt gab, daß wir zur ersten Feindunternehmung ausgelaufen wären, atmeten wir alle erlöst auf. Endlich! Und dann folgte der Hinweis auf die beiden Männer, denen die Erhaltung und Neugründung des Reiches des Lebens Inhalt gewesen war: Prinz Eugen und Bismarck. Das Werk dieser Männer zu vollenden sei der sinn dieses Krieges, den zu erfüllen auch wir nun berufen wären. Weit über die blaue Ostsee Klang dann zum erstenmal von der ganzen Besatzung gemeinsam gesungen das Lied vom „Edlen Ritter“.

Zerstörer stießen bald zu uns, nachdem wir uns an „Bismarck“ angehängt hatten. Durch den Großen Belt verließen wir die Gewässer unserer Übungen. Am 21. Mai morgens liefen wir in die norwegischen Schären bei Bergen ein, wo wir Brennstoff ergänzten. Abends ging es weiter. Zur Gewinnung des freien Atlantiks standen uns nund drei Wege offen, von denen die beiden südlich Island beiderseits der Shetlands nur bei ganz besonderen Umständen in Betracht kamen. Der dritte Weg nördlich Island, die Dänemarkstraße, war zweifellos auch durch See- und Luftstreitkräfte bewacht; doch bot sie durch die jahreszeitlich bedingten Wettererscheinungen die Aussicht, zwar nicht unbemerkt, wohl aber spät bemerkt die freie See zu erreichen. Als das Durchbruchswetter — Nebel an der Treibeisgrenze und mitlaufende Winde sowie schlechte Sicht in der ganzen Straße — bereits mit dem Verlassen der Schären unmittelbar bevorstand, entschloß sich der Flottenchef zur Ausnutzung dieser glücklichen Fügung. Am Morgen des 22 Mai wurden die Zerstörer entlassen. Mit hoher Fahrt steuerten die beiden Schiffe nun allein weiter, zunächst nordwestliche Kurse, dann mehr nach Westen zu ändernd. Schiebewind und schlechte Sicht, Nebelbänke und einzelne Eisschollen boten nicht viel Abwechslung. In der Nacht fuhren wir trotz dicksten Nebels eng aufgeschlossen, um die Fühlung nicht abreißen zu lassen. „Bismarck“ leuchtete regelmäßig mit dem Scheinwerfer, um uns das Fahren zu erleichtern. Trotzdem war es eine tolle Fahrerei (Bild 3). Im Laufe des 23. Mai änderten wir Kurs auf West und marschierten nun nördlich Island mit brausendern Bugwelle. Gegen Abend war dann zum erstenmal ernsthaft „Alarm“, nachdem uns tagsüber mehrfach Eisbrocken und Grönlands Berge zu blinden Alarmen verführt hatten (Bild 4). Weit voraus an Backbord sahen wir einen vierkantigen Klotz, dessen Aufbauten — drei schräg stehende Schornsteine — wir erst später ausmachen konnten. Der britische Kreuzer „Norfolk“ hatte uns entdeckt und hielt nun Fühlung. Auf einige Salven von „Bismarck“ hin vergrößerte er achtungsvoll den Abstand, doch konnten wir aus dem englischen Funkverkehr vermuten, daß der Kreuzer uns beschattete. Er kam dann auch im Laufe der Nacht nur gelegentlich außer Sicht. Tatsächlich war der Eindruck bei uns der, daß der Feind über unsern Standort, unsern Kurs und die Fahrt bestens unterrichtet sein mußte. Zum Schutz gegen Überraschungen von achtern wechselten beide Schiffe die Stellung, so daß nun der Kreuzer vorn, das Schlachtschiff hinten stand.

Bismarck und Prinz Eugen
BILD 3. Fahren im Verband in der Nacht zum 23. Mai. „Bismarck“ erleichtert durch Scheinwerferleuchten das Abstandhalten.

Prinz Eugen Brücke
BILD 4. Auf der Brücke des „Prinz Eugen“ am Nachmittag des 23.Mai. Kommandant, 1.Artillerieoffizier, Korvettenkapitän Jasper, und wachhabender Offizier, Kapitänleutnant Rechkoff, beobachten den feuernden „Bismarck“ beim Zusammentreffen mit dem britischen Kreuzer „Norfolk“.


Wir waren nicht überrascht, als kurz nach dem Aufziehen der Morgenwache am 24. Mai der Vormars an Backbord eine Rauchwolke meldete. Schnell kam sie näher, wobei die Peilung annähernd stand. Zeit später konnten zwei Schiffe unter der Wolke ausgemacht werden, die mit hoher Fahrt spitz auf uns zu lagen. Das Rätselraten über die Art des Gegners begann. Der „Alarm“ stellte schnell die volle Gefechtsbereitschaft des Schiffes her. Gespannt richteten sich viele Augen auf den Feind, der auf 220 Hektometer zum laufenden Gefecht aufdrehte und nun mehr ahnen als erkennen ließ, daß wir zwei Schlachtschiffen gegenüberstanden. Doch viel Zeit zum Nachdenken war nicht. Schon eröffnete das feindliche Spitzenschiff das Feuer gegen uns, das wir erwiderten in der Hoffnung, auch mit unserem viel schwächeren Kaliber Erfolg zu haben. Steuerbord achtern schlugen die schweren Granaten ein (Bild 13). Schon bei den Einschlägen unserer zweiten Salve (Bild 8), die von den sehr viel grÖßeren der 38-cm-Granaten der „Bismarck“ deutlich zu unterscheiden waren, war einwandfrei ein Treffer am Fuß des achteren Mastes zu beobachten. Ein Brand entstand dort, der sich rasend schnell nach vorn ausdehnte. Dann schlug eine Salve unseres „großen Bruders“ (Bild 7) in der achteren Hälfte des langen, niedrigen Gegners ein. Zwar hat die Kamera des Kriegsberichters diesen Augenblick festgehalten, aber nur demjenigen, der mit einem stark vergrößernden Glas den Gegner beobachten konnte, war es vergönnt, im Geist das mitzuerleben, was sich dort drüben ereignete. Die Bilder schildern besser als Worte, was sich auf dem britischen Spitzenschiff abspielte (Bild 6, 14). Befehlgemäß hatten wir in diesem Augenblick bereits auf den zweiten Gegner Zielwechsel gemacht, während die letzten Granaten des explodierenden Gegners vom Kommandanten ausmanövriert wurden. Die Gefechtsentfernung war inzwischen so gesunken, daß auch die schweren Flak einfallen konnten. So wurde die Zahl derer, die den sinkenden Gegner beobachten und in den einzelnen Phasen festhalten konnten, noch geringer. Die Bilder 9 und 10 geben mitreißend die Dramatik dieser Sekunden wieder.

Bismarck Salve
BILD 5. „Die entscheidende Salve“. Die achtere Turmgruppe des „Bismarck“ feuert die Salve, die das Schicksal des „Hood“ (ganz links mit nach rechts wehender Rauchfahne) besiegelt. „Prince of Wales“ ist durch den abziehenden braunen Qualm der vorhergehenden Salven von „Bismarck“ am Bilddrand verdeckt. Ganz rechts „Prinz Eugen“ mit Mündungsqualm früherer Salven.

Schicksal des Hood
BILD 6. "Die Explosion auf Hood ist sehr naturgetreu dargestellt. Ich persönlich habe sie genau so beobachtet." Brinkmann

Bismarck vollsalve
BILD 7. "In diesem Bild ist der Abschuß einer Vollsalve des Schlachtschiffes "Bismarck" mit dem Widerschein auf dem abziehenden Qualm der vorherigen Salve überzeugend dargestellt. Einschläge von solcher Höhe (siehe rechts) wurden reichlich beobachtet." Brinkmann

Prinz Eugen salve
BILD 8.

Explosion auf Hood
BILD 9. "Das Schlachtschiff der "King George"-Klasse zieht sich am sinkenden "Hood" vorbei. Das weit aus dem Wasser ragende Vorschiff habe ich ebenso vermerkt. Es war schaurig schön". Brinkmann

Explosion Hood
BILD 10. Untergang des britischen Schlachtkreuzers „Hood“. Bei der großen Gefechtsentfernung und wegen des mitziehenden Schornstein- und Pulverqualmes war der Gegner Kaum zu erkennen. Erst das lange Vorschiff mit dem in dieser Art in der britischen Kriegsmarine einzigartigen Vorsteven, der für Sekunden sich gegen ein helles Loch Im Dunst abhob, behob den letzten Zweifel über das Schiff, das wir so vor unsern Augen sinken sahen. Aus der Detonationswolke rieseln mit Rauchspuren Trümmer und Ölreste herab. Zwischen beiden Schiffen brenntschwimmendes Heizöl, während der „Prince of Wales“ diesseits selnes sinkenden Flaggschiffes das Gefecht weiterführt. Der vordere Vierlingsturm und der einzelne Doppelturm (35,6 cm) sind wieder in Feuerstellung. Links im Vordergrund ein zusammenbrechender Kurzaufschlag.

Prinz Eugen Turm
BILD 11. Am rechten Rohr des Turmes C auf „Prinz Eugen“ (Turm „Innsbruck“). Ganz rechts in blauer Uniform ein Unteroffizier am Richtstand. Daneben schiebt die Verschlußnummer die Vorkartusche in das Ladeloch, während links ein Mann die Hauptkartusche aus dem Munitionsaufzug in die Ladeschwinge überrollen läßt. Im Vordergrund in der Mitte der Kopf des Ansetzers.

Hood Malta
BILD 12. Erste Bekanntschaft des Kriegsberichters mit „Hood“. Aus der Skizzenmappe des Malers I. C. Schmitz, der 1937 in La Valetta auf Malta den Schlachtkreuzer „Hood“ antraf.

Granaten Prinz Eugen
BILD 13. Die Flakmannschaften auf „Prinz Eugen“ in Feuerlee, wo sie die Einschläge der 38-cm-Granaten Steuerbord achteraus beobachten und auf weitere Befehle warten. (Steuerbord III. 10,5 cm Flak.)

Hood explodiert
BILD 14. Linker Pfeil: „Prince of Wales“ mit Mündungsqualm. Rechter Pfeil: Das Achterschiff des „Hood“ explodiert. Der Komplex der Brücke, des vorderen Mastes und der beiden Schornsteine ist als kleiner dunkler Punkt zu erkennen. Ein schwerer Kreuzer, links von den feindlichen Schlachtschiffen, ist wegen der großen Entfernung nicht zu erkennen. Der zweite britische Kreuzer, der auch während des Gefechtes geschossen hat, stand Steuerbord achteraus von den deutschen Schiffen.


Unter der Wucht der deutschen Schiffsartillerie und beeindruckt vom Untergang des Flaggschiffes, das an dem steil aus dem Wasser ragenden charakteristischen Vorschiff endlich als „Hood“ erkannt war, drehten der zweite Gegner ab. Bald verstummte der Gefechtslärm. Eine dicke Rauchwolke stieg von der Untergangsstelle des „Hood“ auf, während der als Schiff der „King-George-V“-Klasse ausgemachte und später als „Prince of Wales“ bekanntgegebene Gegner sich mit einigen Treffern und stark qualmend entfernte (Bild 15).

Die drei anderen Gegner, alles Schwere Kreuzer, hatten sich bis auf einen aus dem Gefecht herausgehalten. Voller Freude konnte der Kommandant dem Flottenchef melden, daß wir keinerlei Beschädigungen oder Ausfälle hatten. Ein schwerer Splitter einer 35,6-cm-Granate, der ohne Schaden auf das Seitendeck gefallen war, behob den letzten Zweifel über die Art des zweiten Gegners. Damit war das Tor zum Atlantik mit aller Wucht aufgestoßen. Neuen Aufgaben entgegen steuerten die Schiffe hohe Fahrt mit Südkurs (Bild 16).

Hood und Prince of Wales
BILD 15. Linker Pfeil: Stark qualmende Trümmer von „Hood“, die bei der Explosion weit nach links herausgeschleudert worden waren (Flugzeuge oder Boote?). Mittlerer Pfeil: Die Untergangsstelle von „Hood“, an der ein großer Ölbrand wütet. Rechter Pfeil: „Prince of Wales“ im Feuer der beiden deutschen Schiffe. Zwei Aufschläge heben sich deutlich vom dunklen Hintergrund ab. Rechts von ihnen der hellere Mündungsqualm, der nun, da der Gegner abgedreht hat, nach rechts sich vom englischen Schiff löst.

Bismarck und Prinz Eugen
BILD 16. Nach dem Gefecht. Die schweren Türme der „Bismarck“ stehen noch in Richtung des abziehenden Gegners.

Lichtbilder: Kriegsberichter Mar. Artl. Mt. Josef Lagemann, Bild 2 von K. Kpt d. R. F. O. Busch.
Gefechtsskizze W. Zeeden, mit Erlaubnis der „Kriegsmarine“.
„Unsere Unternehmung“ und Bildunterschriften von K. Kpt. Paul Schmalenbach.

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